Mit der ersten
Testzeile "Hello World", die der Gründer Jimmy Wales im Januar 2001
in das Wiki tippte, war bereits der globale Anspruch formuliert: Die
Online-Enzyklopädie Wikipedia hatte sich das Ziel gesetzt, das Wissen der Welt
nicht nur zu erfassen, sondern es für jeden frei zugänglich zu machen. Heute
zählt das einstige Hobby-Projekt insgesamt über 23 Millionen Artikel und ist in
über 270 Sprachen verfügbar. Die größte unter ihnen ist die englische
Sprachversion, gefolgt von der deutschen: Zirka vier Millionen Menschen nutzen
täglich die deutschsprachige Wikipedia, weit häufiger als eine Million Mal pro
Stunde wird sie von Usern besucht.
Die Wikipedisierung des Journalismus
Journalistische Recherche und Wissensvorsprung im Netz
Die Wikipedia als
Wissensquelle hat viele Vorteile: sie ist schnell, kostenfrei und international
frei zugänglich und so wird sie auch von Journalisten als Recherchequelle
verwendet. Büßt der Journalismus damit seinen Wissensvorsprung ein?
Das Internet macht es
einfach, an Informationen zu gelangen. Suchmaschinen liefern in
Sekundenschnelle zu jedem beliebigen Thema eine Fülle an Treffern: kostenfrei
und bequem abrufbar. Doch die Herkunft der Informationen und die
Glaubwürdigkeit der Quellen bleibt oft unklar. Der User muss selbst
entscheiden, wie relevant die Antworten sind und welche Qualität sie besitzen.
In den alten Medien haben Redaktionen diese Aufgabe übernommen. Im Internet
tritt neben das Prinzip "Profession" bei der Qualitätssicherung nun
auch das Prinzip "Partizipation": Können die Internetbürger gemeinsam
gesichertes Wissen schaffen? Die Online-Enzyklopädie Wikipedia will dafür den
Beweis antreten. Die breite Nutzung der Wikipedia spricht dafür, dass es ihr in
den Augen vieler User auch gelingt. Selbst Journalisten bedienen sich der neuen
Wissensquelle im Netz. Allerdings werden an die professionellen
"Gatekeeper" besonders hohe Ansprüche gestellt – werden sie ihnen
gerecht oder handeln sie fahrlässig, wenn sie ihr Wissen aus der Wikipedia und
anderen Internetangeboten beziehen?
Wie Journalisten im Internet recherchieren
Längst ist die
Recherche im Internet in den Redaktionen aller Medien ein gängiger Weg
geworden, um an Informationen zu gelangen. Dass sich die Netzrecherche im
Journalismus etabliert hat, belegten beispielsweise»Leipziger Forscher«. Ihre
Befragung aus dem Jahr 2007 zeigt, dass besonders Internetjournalisten eine
hohe Affinität zum eigenen Medium besitzen. Zum gleichen Befund kam 2005 die
repräsentative Befragung "Journalismus in Deutschland". Danach
investierten Journalisten durchschnittlich 66 Minuten pro Tag für die
Online-Recherche – von insgesamt 117 Minuten, die ihnen für die Recherche zur
Verfügung standen. Mehr als die Hälfte der Recherchezeit fand also bereits
online statt. Seither hat der Anteil sicher noch zugenommen – neuere
Forschungsergebnisse liegen allerdings nicht vor.
Wo suchen die
Journalisten? In erster Linie läuft die journalistische Internetrecherche über
Suchmaschinen ab, ergab die Leipziger Studie. Google ist hier das wichtigste
Recherchemittel. Daneben sind auch die Ableger traditioneller Massenmedien
selbst wie Spiegel Online bedeutsame Anlaufstellen. Social Media erweitern seit
einigen Jahren das Spektrum der Recherchequellen, wie Befragungen von
Redaktionsleitern an der Universität Münster belegen: Sowohl in
Nachrichtenredaktionen von Presse und Rundfunk (93 Teilnehmer, entspricht 43
Prozent aller Redaktionen) als auch in Internetredaktionen (183, 44 Prozent)
war in den Jahren 2006/07 die Nutzung von Weblogs zurückhaltend war, während
die Wikipedia in fast allen Redaktionen Verwendung fand. Drei Viertel der
befragten Internetredaktionen nutzten die Wikipedia sogar "häufig",
während dies bei den Print- und Rundfunk-Nachrichtenredaktionen immerhin noch
für zwei Drittel galt. Besonders verbreitet war die Wikipedia-Nutzung in den
Online-Abteilungen von Zeitungen und Zeitschriften.
Großes Zutrauen in die Wikipedia
Wonach suchen die
Journalisten in der Wikipedia? Sowohl in den Nachrichtenredaktionen der alten
Medien als auch in den Internetredaktionen diente die Wikipedia in erster Linie
als Nachschlagewerk für Hintergrundwissen. Auch die Orientierung über
Internetquellen wurde oft als Ziel angegeben. Im Unterschied dazu lasen Journalisten
Weblogs vor allem, um neue Themen aufzuspüren und Fakten über ein aktuelles
Ereignis zu sammeln. Mehr als die Hälfte der Internetredaktionen gab außerdem
an, die Wikipedia häufig für die Gegenprüfung von Informationen zu nutzen –
dies zeugt von einem großen Vertrauen der Redakteure. Und in der Tat: Die
befragten Redaktionsleiter stellten der Enzyklopädie ein erstaunlich gutes
Zeugnis aus. 83 Prozent der Leiter von Internetredaktionen sagten, dass die
Informationen der Wikipedia "meistens" zuverlässig seien. Zwölf
Prozent hielten sie sogar "(fast) immer" für richtig. Auch die
Redaktionsleiter der Nachrichtenredaktionen von Presse und Rundfunk schätzten
die Informationen in 76 Prozent der Fälle als "meistens" zuverlässig
ein. Ein weiteres Fünftel (21 Prozent) sagte, sie seien "fast immer"
zuverlässig. Eine grundsätzliche positive Bewertung der Wikipedia vermag zu
erklären, weshalb auch Qualitätszeitungen auf sie zurückgreifen, wie eine
Studie aus den USA zeigt. In Deutschland verweist Spiegel Online in seinem
Themenarchiv durch eine Kooperation mit der Wikimedia auch auf die passenden
Wikipedia-Einträge.
Das große Vertrauen
der Journalisten erstaunt umso mehr, als es bereits eine Reihe von Fällen gab,
in denen falsche Informationen aus der Wikipedia in die journalistische
Berichterstattung gelangt sind. Ein Beispiel: Der 22-jährige britische
College-Student Shane Fitzgerald wollte beweisen, dass es ein Leichtes ist,
Journalisten mittels Wikipedia zu manipulieren. Zu diesem Zweck veränderte er
die Biografie des französischen Filmmusik-Komponisten Maurice Jarre unmittelbar
nach dessen Tod und dichtete dem Verstorbenen ein falsches Zitat an. Das Zitat
erschien daraufhin in den Nachrufen verschiedener britischer Zeitungen, allen
voran im Guardian. Die Fehlinformation wurde erst als solche erkannt, als sich
der Student öffentlich zu Wort meldete und auf seine Manipulation hinwies.
Verlorener Wissensvorsprung
Die von der
Universität Münster 2006/2007 befragten Redaktionsleiter waren fast ausnahmslos
der Auffassung, dass das Internet die Qualität der Berichterstattung positiv
beeinflusst. Gerade im Fall der Wikipedia kann diese Einschätzung aber nicht
unwidersprochen bleiben. Der Journalismus büßt seinen Wissensvorsprung ein,
wenn er sich in einer Enzyklopädie bedient, die jedem User offen steht. Die
2001 gegründete Wikipedia zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten
Internetangeboten, belegt die Nutzungsstatistik von Alexa
[http://www.alexa.com/topsites]: Im April 2012 stand die Wikipedia auf Platz 6
der "Top Sites", und zwar sowohl weltweit als auch in Deutschland.
Damit ließ sie Websites wie Spiegel Online, Bild.de und Twitter hinter sich.
Nach einer »Forsa-Befragung im Januar 2011« ist für rund ein Viertel der
Internetnutzer (24 Prozent) die Wikipedia der erste Anlaufpunkt für Recherchen
im Netz . Bei Männern (28 Prozent) ist der Anteil höher als bei Frauen (19
Prozent).
Aber auch bei den
Usern, die sie nicht als erste Adresse für das Nachschlagen im Netz nutzen, ist
die Wikipedia überaus präsent. Die repräsentative »ARD/ZDF-Onlinestudie« zeigt
einen starken Anstieg der Nutzung über die letzten Jahre in Deutschland: Die
zumindest gelegentliche Nutzung der Enzyklopädie stieg von 47 Prozent (2007)
auf 70 Prozent (2011). Etwas mehr als ein Drittel der deutschsprachigen
Internetnutzer über 14 Jahren nutzten die Wikipedia sogar mindestens einmal in
der Woche. Besonders beliebt ist die Wikipedia bei jüngeren Internetnutzern:
Unter den 14- bis 29-Jährigen besuchen sie sogar 89 Prozent. Für 97 Prozent
aller Wikipedia-Nutzer dient die Website nur der Informationsbeschaffung – der
winzige Rest ist es schließlich, der auch schreibt und die Artikel redigiert.
Es ist das Wissen
einer Minderheit, nicht die "Weisheit der Vielen", die auf der
Wikipedia anzutreffen ist – was nicht von Nachteil sein muss, solange sich die
Experten motivieren lassen, ihr Wissen weiterzugeben.
Schleichende Wikipedisierung
Die Wikipedisierung
der journalistischen Recherche muss wohl vor allem als ein Symptom für die
Arbeitsverdichtung und Kostenkürzung in vielen Redaktionen gewertet werden. Man
spart Zeit und Geld, wenn man sich mit der Wikipedia begnügt. Im Verhältnis zur
umfangreichen Nutzung in den Redaktionen wird aber selten auf die Wikipedia als
Quelle verwiesen – auch wenn 83 Prozent der Leiter von Internetredaktionen der
Auffassung sind, dass eine Quellenangabe im Fall der Wikipedia notwendig ist.
Auch wenn es darüber keine Studien gibt: Allgemein dürfte die Neigung
vorherrschen, Wikipedia als Quelle zu unterschlagen. So wie Schulaufgaben und
Hausarbeiten oft nicht zu erkennen geben, wie stark sie von der Enzyklopädie
profitieren, so ist auch im Journalismus ein großer versteckter Einfluss der
Wikipedia zu vermuten. Umso peinlicher für den Ruf recherchierender
Journalisten ist es dann, wenn fehlerhafte Übernahmen die unterschlagene Quelle
offensichtlich machen:
Dem damals neu
ernannten Wirtschaftsminister Karl-Theodor von und zu Guttenberg wurde 2009 in
seinem Wikipedia-Eintrag von einem anonymen Autor mit "Wilhelm" ein
zusätzlicher Vorname angedichtet. Der falsche Vorname wanderte daraufhin von
Spiegel Online quer durch die deutsche Medienlandschaft und entlarvte die
Bedeutung der Wikipedia für die journalistische Recherche und ihren
bedenkenlosen Gebrauch. Im Fall des Journalismus ist blindes Vertrauen in die
Wikipedia im Verbund mit Intransparenz besonders problematisch: Ohne dass es
den Lesern bewusst wird, verbreiten so die reichweitenstarken Massenmedien
Presse und Rundfunk die Wikipedia-Inhalte.
Partizipation statt Profession
Die Wikipedia ist ganz
ohne Frage eine Verlockung – für Journalisten genauso wie für andere Nutzer:
Wie praktisch wäre es, einen riesigen Wissenspool im Internet zu haben, in den
man bequem und bedenkenlos greifen kann? Und tatsächlich hat die Wikipedia
viele Vorteile gegenüber anderen Quellen: Sie ist aktuell, schnell,
international, billig und leicht zugänglich. Via Smartphone kann sie von jedem Ort
der Welt mit Internetempfang angezapft werden. Aber kann man der Wikipedia
wirklich einfach so vertrauen?
Das Prinzip, nach dem
sie funktioniert, stellt den Journalismus auf den Kopf: Jeder kann Artikel
anlegen, korrigieren und ergänzen – nicht nur jene, die sich qua Beruf dafür
qualifiziert haben. Und: Erst wird veröffentlicht und dann geprüft – und nicht
umgekehrt, wie es in Nachrichten- oder Lexikonredaktionen bisher üblich war.
Diese Offenheit ist
zugleich Stärke und Schwäche der Wikipedia. Ein Ergebnis sind die erheblichen
Qualitätsschwankungen, worauf die »Wikipedia selbst aufmerksam macht«:
"[W]hile some articles are of the highest quality of scholarship, others
are admittedly complete rubbish."
Um die Qualität zu
verbessern, werden Kontrollaufgaben an einzelne Mitglieder delegiert. So können
Administratoren Einträge löschen und Autoren verbannen. Voraussetzung für diese
Form der Qualitätssicherung ist aber, dass die falschen Informationen jeweils
auch tatsächlich entdeckt werden. Außerdem wird durch diese Rollenverteilung
das Prinzip des "Open Knowledge" in Frage gestellt. Es kommt durchaus
vor, dass Administratoren ihre Machtposition ausspielen. Und immer wieder kommt
es auch zu sogenannten "Edit wars" zwischen Autoren.
Wissenschaftlicher Qualitätsvergleich
Die Qualität von
Wikipedia-Artikeln war in der Vergangenheit auch immer wieder Gegenstand
wissenschaftlicher Studien. Für besonderes Aufsehen sorgte die
»Veröffentlichung von Jim Giles in der renommierten Fachzeitschrift
"Nature"« vom 15. Dezember 2005. Zu einer Auswahl von hauptsächlich
naturwissenschaftlichen Begriffen legte er jeweils die anonymisierten Einträge
in der Wikipedia und der Onlineversion der Encyclopaedia Britannica
unabhängigen Gutachtern vor. Die Studie zeigte hinsichtlich verschiedener Arten
von Ungenauigkeiten zwischen den beiden Enzyklopädien keine großen
Unterschiede. Nur in Bezug auf den Sprachstil fiel die Wikipedia gegenüber der
herkömmlichen Enzyklopädie deutlich ab. Die Studie wurde nach Erscheinen
kontrovers diskutiert, weil das offene Wikipedia-Prinzip dem herkömmlichen
Redaktionsprinzip keineswegs unterlegen war. Aber auch»andere wissenschaftliche
Untersuchungen« konnten die Befürchtungen der Wikipedia-Kritiker in Bezug auf
die Qualität nicht bestätigen.
Meistens richtig, aber nicht immer
Im Großen und Ganzen
scheint die Wikipedia also gut zu funktionieren – aber eben nicht immer: In der
Vergangenheit kam es zu Fällen von Vandalismus, zu ideologischen
Missionierungsversuchen, Verleumdungen oder Irrtümern. Für großes Aufsehen
sorgte 2005 der "Seigenthaler-Skandal": Der renommierte amerikanische
Journalist »John Seigenthaler Sr.« wurde in seiner Wikipedia-Biografie der
Beteiligung an der Ermordung der Kennedy-Brüder beschuldigt. Als Folge dieses
Skandals wurde mit fixen Versionen der Artikel, die nicht mehr ohne Genehmigung
geändert werden dürfen, ein weiterer Kontrollmechanismus bei Wikipedia
eingeführt.
Andere Irrtümer, die
der Glaubwürdigkeit der Wikipedia schadeten, waren falsche Todesnachrichten.
Diverse Prominente wie Senator Edward Kennedy oder die Schauspielerin Miley
Cyrus wurden in der Wikipedia schon zu Lebzeiten für tot erklärt,
einschließlich einer ausführlichen Schilderung ihres jeweiligen Ablebens. Auch
hinsichtlich des Renommees der Autoren gab es schon peinliche Enthüllungen:
Eine amerikanische Zeitung fand heraus, dass sich hinter einem Autor, der sich
als Professor für Theologie ausgab, ein 24-jähriger Schulabbrecher verbarg. Mit
Hilfe des Programms Wiki-Scanner wurde außerdem ermittelt, dass sich manche
Änderung eines Artikels bis zu Scientology, Politikern und Unternehmen
zurückverfolgt werden, die Wikipedia zu PR- oder Propagandazwecken
missbrauchten.
Wikipedia als Nachrichtenangebot?
Ist die Wikipedia
nicht nur eine Konkurrenz für Brockhaus & Co., sondern auch für den
Journalismus selbst? Kann die Wikipedia auch mit dem Tagesgeschehen Schritt
halten? Es gibt eine Reihe von Beispielen, die belegen, dass zumindest in
Einzelfällen Nachrichtenereignisse schnell und profund in der Wikipedia
aufbereitet wurden – so geschehen beim Tod des Popstars Michael Jackson: Nach
dem Bekanntwerden des Todes wurde der Eintrag im Minutentakt ergänzt und
verändert. Grundsätzlich sprechen aber die langwierigen Aushandlungsprozesse
und das sperrige Textformat dagegen, dass die Wikipedia tatsächlich mit dem
Journalismus mithalten kann: Während in Nachrichten das Wichtigste und Neueste
am Anfang steht, sind Wikipedia-Artikel sachlich gegliedert. Oft steht das Aktuelle
erst ganz am Ende. Bei kontroversen Themen kann sich das Entstehen eines
Beitrags enorm verzögern. Der britische Medienforscher Gavin Stewart zeigte das
am Beispiel des Ossetien-Krieges: Kurz nach Beginn der Gefechte zwischen
Georgiern und Russen im Sommer 2008 forderte ein Wikipedia-Autor, für diese
Auseinandersetzung einen eigenständigen Beitrag zum Ossetien-Krieg. Doch
nachdem er angelegt war, begann ein Ringen unter den Autoren um die
Deutungsmacht: Wie ist der Krieg zu interpretieren, welche Ereignisse sollten
in den Vordergrund gestellt werden, und wer hat angefangen? Auch der Versuch,
mit »Wikinews« die aktuelle Berichterstattung in ein separates Projekt
auszulagern, läuft eher schleppend.
Satirische Darstellung
des Zusammenhangs zwischen Journalismus und Wikipedia. (© Wikimedia)
Nicht nur Journalisten
informieren sich in der Wikipedia, sondern auch Wikipedia-Autoren in den
Medien. Dieses Vorgehen birgt das Risiko eines zirkulären Zitierens – wie im
bereits geschilderten Fall Guttenberg: Als der zusätzliche Vorname eingefügt
worden war, wollten einige skeptische Wikipedia-Autoren einen Quellennachweis
sehen. Als Referenz gab der Autor einfach den Spiegel Online-Artikel an, dessen
Autor wiederum zuvor bei ihm abgeschrieben hatte. Die Kommunikationswissenschaftler
Thomas Roessing und Nicole Podschuweit untersuchten dieses Phänomen in einer
Studie zum Bundestagswahlkampf 2009. Sie verglichen die Berichterstattung
verschiedener Leitmedien mit den wahlkampfrelevanten Wikipedia-Einträgen, zum
Beispiel zu den Kanzlerkandidaten und den Parteien, um so das wechselseitige
Einflussverhältnis beurteilen zu können. Ihre Studie ergab, dass derartige
Zitationszyklen nur äußerst selten vorkommen.
Richtiger Umgang
Die Wikipedia ist
heute aus den Redaktionen nicht mehr wegzudenken. Nicht immer werden
Journalisten den Anforderungen im Umgang mit der Wikipedia gerecht. Dennoch
scheint es sich bei den Verstößen eher um Einzelfälle zu handeln. Oft mag auch
der zeitliche und ökonomische Druck, der auf den Redaktionen lastet, ein
Übriges zu schlechter Recherche oder fehlender Gegenprüfung von Fakten
beitragen. Dennoch sollte nicht ein Verzicht auf Wikipedia die Devise sein,
sondern eine realistische Einschätzung der Chancen und Risiken der
Internet-Enzyklopädie und ein reflektierter Umgang mit ihr. Grundsätzlich
sollten Journalisten die Schwächen des Onlineangebots im Hinterkopf behalten.
Es empfiehlt sich etwa, jeweils in der öffentlich zugänglichen Historie der
einzelnen Artikel zu recherchieren. Dort ist oft erkennbar, welche Fakten
umstritten sind, die noch einmal geprüft werden sollten. Die Wikipedisierung
des Journalismus ist also nicht nur auf der Schadenseite zu verbuchen.
Quelle:
http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/wikipedia/145822/die-wikipedisierung-des-journalismus?p=1
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