Demokratie
Demokratie heißt
wörtlich "Herrschaft des Volkes". Über die eigene Regierung
mitbestimmen, frei die eigene Meinung äußern: in Deutschland sind das relativ
junge Errungenschaften.
Fahnen wehen am
Sonntag, 5. Aug. 2007, vor dem Hambacher Schloss bei Neustadt an der
Weinstrasse. Das 'Hambacher Fest' vom 27. Mai 1832 feierte im Jahr 2007 sein
175. Jubiläum. Es gilt als die Wiege der Deutschen Demokratie, als sich aus
Unmut über die damalige Repressionspolitik und strenge Zensur gegen die
pfälzische Bevölkerung durch die bayerische Obrigkeit rund 30.000 Menschen aus
allen Schichten und benachbarten Nationen wie Polen und Frankreich vom 27. bis
30. Mai 1832 trafen, um hier ihre Forderungen nach Versammlungs-, Presse- und
Meinungsfreiheit, Bürgerrechten und nationaler Einheit kund zu tun. Weiterhin
forderten sie eine Neuordnung Europas auf der Grundlage gleichberechtigter
Völker, Volkssouveraenität und religiöser Toleranz.Das Hambacher Schloss bei
Neustadt an der Weinstraße. Am 27. Mai 1832 demonstrierten hier etwa 30.000
Menschen für Freiheit, Demokratie und nationale Einheit.
Demokratien wollen nahezu alle Länder der heutigen Welt sein. Kaum ein politisches Regime bezeichnet sich nicht als demokratisch. Selbst autoritäre Herrschaftssysteme in Asien, Afrika und Lateinamerika berufen sich ebenso auf die Demokratie wie traditionell demokratische Länder der westlichen Welt. Das galt gleichermaßen für die zusammengebrochenen "realsozialistischen" Systeme Mittel- und Osteuropas, die sich als "Volksdemokratie" oder "sozialistische Demokratie" bezeichneten.
Demokratien wollen nahezu alle Länder der heutigen Welt sein. Kaum ein politisches Regime bezeichnet sich nicht als demokratisch. Selbst autoritäre Herrschaftssysteme in Asien, Afrika und Lateinamerika berufen sich ebenso auf die Demokratie wie traditionell demokratische Länder der westlichen Welt. Das galt gleichermaßen für die zusammengebrochenen "realsozialistischen" Systeme Mittel- und Osteuropas, die sich als "Volksdemokratie" oder "sozialistische Demokratie" bezeichneten.
Was ist eigentlich
Demokratie? Die deutsche Wiedergabe des griechischen Wortes als
"Volksherrschaft" ist nicht sehr aussagekräftig. Das Volk kann
Herrschaft auf verschiedene Weise ausüben. In den kleinen überschaubaren
Stadtstaaten des antiken Griechenlands kam das Volk, das waren damals die
freien Männer, auf dem Marktplatz zusammen und stimmte über die Gesetze ab. In
den heutigen Großstaaten ist diese Form direkter Demokratie nicht mehr
praktikabel. Das Volk kann in der modernen Massendemokratie die Herrschaft nur
mittelbar und indirekt ausüben, indem es sie auf Vertreter (Repräsentanten)
überträgt.
Die Demokratie des Grundgesetzes
Artikel 20
(1) Die Bundesrepublik
Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Mit diesem Artikel
legt das Grundgesetz die Demokratie als die Grundlage und den Rahmen unserer Verfassungsordnung
fest. Die Demokratie des Grundgesetzes kann auf einige wenige Prinzipien
zurückgeführt werden:
Artikel 20
(2) Alle Staatsgewalt
geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch
besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt.
Volkssouveränität
Jede staatliche
Machtausübung muss durch das Volk legitimiert sein. Die staatlichen Organe
müssen entweder, wie die Parlamente, aus Volkswahlen hervorgehen oder, wie die
Regierung und die von ihr berufene Verwaltung, von den gewählten Repräsentanten
eingesetzt werden. Die Amtsinhaber sind dem Volk bzw. seinen Repräsentanten
verantwortlich und können aus ihrem Amt entfernt werden.
Repräsentativsystem
Die Verfassungsgeber
haben sich für ein reines Repräsentativsystem entschieden. Das Volk übt die
Staatsgewalt nicht direkt aus, sondern überträgt sie durch Wahlen
Repräsentanten, den Abgeordneten, die in seinem Auftrag die Entscheidungen im
Staat treffen. Die in Art. 20 Abs. 2 genannten Abstimmungen sind nur für den
Fall einer Neugliederung der Länder vorgesehen. Einer solchen Neugliederung
muss die betroffene Bevölkerung durch Volksentscheid zustimmen.
Dagegen enthalten fast
alle Landesverfassungen Bestimmungen über Volksbegehren und Volksentscheide.
Die Entscheidung gegen die Aufnahme von Elementen direkter Demokratie in das
Grundgesetz wurde durch die negativen Erfahrungen in der Zeit der Weimarer
Republik beeinflusst. In den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder
Forderungen nach einer direkten Beteiligung der Bürger an den politischen
Entscheidungen laut. Der Erfolg der Bürgerbewegungen in der ehemaligen DDR gab
diesen Forderungen neuen Auftrieb. Die entsprechenden Anträge fanden in der
Verfassungskommission von 1992 jedoch nicht die erforderliche
Zweidrittelmehrheit.
Mehrheitsprinzip
In einer Demokratie
gilt der Grundsatz, dass bei Wahlen und Abstimmungen die Mehrheit entscheidet
und dass die Minderheit die Mehrheitsentscheidung anerkennt. Sie hat dafür die
Chance, bei künftigen Wahlen und Abstimmungen ihrerseits die Mehrheit zu
erringen, und kann erwarten, dass dann ihre Entscheidungen respektiert werden.
Das Mehrheitsprinzip ist eine Kompromisslösung. Die Entscheidung der Mehrheit
muss nicht "richtig" sein. Das Mehrheitsprinzip gewährleistet aber,
dass Konflikte friedlich ausgetragen werden.
Streitbare Demokratie
Die Weimarer Republik
hatte es zugelassen, dass ihre Feinde die Demokratie zerstörten. Jede
Bestimmung der Weimarer Reichsverfassung konnte mit Zweidrittelmehrheit
geändert werden, sogar die Grundrechte konnten außer Kraft gesetzt und die
Demokratie beseitigt werden.
Anders als die
Weimarer Republik ist die Demokratie des Grundgesetzes nicht nur eine formale
Demokratie, sondern eine Wertordnung, die freiheitliche demokratische
Grundordnung mit ihren unantastbaren Prinzipien. Das Bundesverfassungsgericht
hat das "Bekenntnis zu einer streitbaren Demokratie" im KPD-Urteil
des Jahres 1956 so präzisiert:
Das Grundgesetz nimmt
"aus dem Pluralismus von Zielen und Werten (...) Grundprinzipien der
Staatsgestaltung heraus, die (...) als absolute Werte und unverzichtbare
Schutzgüter anerkannt und deshalb entschlossen gegen alle Angriffe verteidigt
werden sollen; soweit zum Zwecke dieser Verteidigung Einschränkungen der politischen
Betätigungsfreiheit der Gegner erforderlich sind, werden sie in Kauf
genommen."
Gefährdungen der Demokratie
Seit mehr als 40
Jahren, zuletzt im Jahr 2009, beantworten drei Viertel der Bürgerinnen und
Bürger der Bundesrepublik (West) eine Frage des Instituts für Demoskopie,
Allensbach – "Glauben Sie, die Demokratie, die wir in der Bundesrepublik
haben, ist die beste Staatsform, oder gibt es eine andere, die besser
ist?" – positiv: "Die Demokratie ist die beste Staatsform." Die
Zahl derer, die eine andere Staatsform vorziehen würden, pendelt zwischen 4 und
18 Prozent. In den neuen Bundesländern hielten 2009 36 Prozent die Demokratie
für die beste Staatsform, 24 Prozent glaubten, dass es eine bessere gibt. Die
größte Gruppe sind die Unentschiedenen. Eine Umfrage des Polis-Sinus-Instituts
im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung im Jahre 2008 mit einer etwas anderen
Fragestellung – "Wie gut funktioniert die Demokratie in Deutschland?"
– kam zu ähnlichen Ergebnissen. 62 Prozent aller Deutschen sind zufrieden (8
Prozent: funktioniert sehr gut, weitere 54 Prozent: gut). Kritisch waren 37
Prozent (31 Prozent: weniger gut, 6 Prozent: schlecht). In Westdeutschland
waren 69 Prozent mit der Demokratie zufrieden, in Ostdeutschland 39 Prozent.
Negativ äußerten sich 31 Prozent im Westen und 61 Prozent im Osten.
Es zeigt sich, dass
die Zufriedenheit mit der Demokratie weitgehend abhängig ist von der eigenen
wirtschaftlichen Lage. Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger und Personen mit
niedrigem Haushaltseinkommen sind überproportional kritisch; sie machen das
politische System für ihre Lage verantwortlich. Immerhin hält eine große
Mehrheit der Deutschen unsere Gesellschaftsordnung für verteidigungswert. 78
Prozent der Deutschen sagen, unsere Gesellschaftsordnung ist es wert, dass man
für sie eintritt.
Wir werden daran
erinnert, dass die Demokratie in Deutschland nicht ungefährdet ist. Die
Demokratie kann in Deutschland nicht, wie in den alten Demokratien des Westens,
auf eine ungebrochene Tradition zurückblicken. Die Geschichte der Demokratie in
Deutschland war eine Geschichte gescheiterter Versuche. Erst der zweite
demokratische Staat ist bisher, trotz aller Schwächen und Mängel, eine
Erfolgsgeschichte gewesen. Viele betrachten diese Erfolge als
selbstverständlich. Sie erwarten viele Leistungen vom Staat, halten aber selbst
Distanz, weil sie meinen, "die da oben machen doch, was sie wollen".
Manche haben ein
idealisiertes Bild von einer harmonischen, problemlos funktionierenden
Demokratie. Gemessen am Ideal schneidet die Realität schlecht ab. Eine
harmonische, konfliktfreie Gesellschaft existiert jedoch nirgendwo. Wenn die
Demokratie nicht die ideale Ordnung von Staat und Gesellschaft ist, so ist
bisher jedenfalls noch keine bessere erfunden worden. Sie ist die einzige, die
ein System von Spielregeln zur Verfügung stellt, in dem Konflikte friedlich
ausgetragen, Kompromisse gefunden und Fehler korrigiert werden können.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen